Stromzuführungen für Fusionsmagnete
Supraleitende Magnete müssen bei tiefer Temperatur (z.B. -269°C = 4 Kelvin) betrieben werden. Um die Magneten so weit abkühlen zu können, werden sie thermisch isoliert in das Vakuum eines Kryostaten installiert.
Will man nun hohe Ströme von bis zu 80.000 Ampere zu den Magneten leiten, benötigt man spezielle Stromzuführungen (SZF - siehe Bild rechts), mit denen man den Strom elektrisch isoliert durch die metallische Wand des Kryostaten führen kann. Da der Strom am unteren Ende der SZF vom Supraleiter übernommen werden soll, muss das Ende der SZF im Vakuum bei der tiefen Temperatur von -269 °C = 4 K sein.
Herkömmliche Kupfer-SZF müssen unter hohem Kühlaufwand am unteren Ende bei der tiefen Temperatur gehalten werden. Baut man aber am unteren Ende einen Hochtemperatur-Supraleiter (HTS) ein, der bereits bei 60 K (-213°C) supraleitend ist, so entstehen am unteren Ende der SZF keine Verluste. Statt einer Kühlung des Cu-Wärmetauschers mit 4 K, benötigt man nur eine Kühlung mit 50 K, so dass sich am oberen Ende des HTS Teils ca. 60 K einstellen.
Die Kühlung der SZF ist somit um einen Faktor 3 bis 5 je nach Betriebsmodus günstiger, was zu einer enormen Energieeinsparung führt. Aus diesem Grund hat das ITEP von 1995 bis 2017 die Entwicklung, den Bau und Test von HTS-Stromzuführungen für verschiedene Fusionsprojekte vorangetrieben.
Projekte
ITER 68.000 Ampere HTS Stromzuführungsdemonstrator erfolgreich designt, gebaut und getestet.
Im Rahmen des Europäischen Fusionstechnologieprogramms hat das KIT in Kooperation mit dem CRPP in Villigen (CH) eine 70 kA Stromzuführung unter Verwendung des HTS-Materials BiSCCO für ITER entwickelt, gebaut und getestet. Solche SZF sollen in ITER horizontal betrieben werden. 2003 und 2004 wurde die Stromzuführung unter verschiedenen Kühlbedingungen erfolgreich getestet:
- 50 K Heliumkühlung im Wärmetauscher und Strombetrieb bis 80 kA
- 80 K Heliumkühlung im Wärmetauscher und Strombetrieb bis 68 kA
- LN2-Kühlung im Wärmetauscher und Strombetrieb bis 68 kA
16 HTS SZF wurden für das deutsche Projekt W7-X in Greifswald bereit gestellt.
Für das deutsche Fusionsprojekt W7-X in Greifswald hat das KIT 16 SZF entwickelt, gebaut und getestet.
Die Stromzuführungen sind mittlerweile bei W7-X in Betrieb.
- 18.2 kA SZF, die aufgrund von Platzbeschränkungen mit dem warmen Ende unten betrieben werden.
- Paschen-feste Isolation, Testspannung 13 kV
- Die Stromzuführungen wurden bis auf die 2 Prototypen in W7-X verbaut
- Dies Stromzuführungen sind seit dem 10.12.2015 im Einsatz
26 HTS SZF für JT-60SA in Naka (Japan) bereit gestellt
6 HTS SZF 26 kA und 20 HTS SZF mit 20 kA entwickelt, gebaut und getestet
Current Lead Testing facility Karlsruhe (CuLTKA = SZF-Testanlage Karlsruhe) wurde aufgebaut, um durch den parallelen Test zweier Stromzuführungspaare den engen Zeitplan von JT-60SA erfüllen zu können.
- Hochspannungsisolation bis zu 21 kV getestet
- Alle 26 SZF erfolgreich getestet und ausgeliefert
- Dies SZF wurden in JT-60SA Versorgungs-Boxen montiert.
- Die Erstinbetriebnahme von JT-60SA soll noch in 2020 erfolgen
Literatur:
R. Heller et al, Experimental results of a 70 kA high temperature superconductor current lead demonstrator for the ITER magnet system, IEEE Trans. Appl. Supercond. 15 (2005) 1496-1499
W.H. Fietz et al, High Temperature Superconductor Current Leads for WENDELSTEIN 7-X and JT-60SA, IEEE Transactions on Applied Superconductivity 19(3), (2009) 2202-2205
S. Drotziger et al, Overview of results from Wendelstein 7-X HTS current lead testing, Fusion Engineering and Design 88, (2013) 1585– 1588
R. Heller et al, Overview of JT-60SA HTS current lead manufacture and testing, IEEE Trans. Appl. Supercond. 28(3) (2018) 4800105